Heute haben wir ein ganz besonderes Highlight für Euch im Angebot: Wir durften mit dem Plus-Size-Model Silvana Denker ein großes Interview führen über ihre Leidenschaften für das Fotografieren, Modeln und Schauspielern, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körpergefühl, das Jahr 2015 im Rückblick und die weiteren Pläne mit ihren beeindruckenden Bodylove-Aktionen.
Hier lernt Ihr eine erfolgreiche Frau kennen, die einen langen, nicht immer einfachen Weg mit Talent, Stärke und Leidenschaft erklommen hat – und nun mit ihrer Arbeit das Thema Plus-Size in der Öffentlichkeit immer wieder aufs Neue ins Rampenlicht rückt.
Foto: Doris Megger
Du bist mehr als erfolgreich, sowohl als Plus-Size-Model als auch Fotografin, auch in der Schauspielerei versuchst Du Fuß zu fassen. Welche Leidenschaft war zuerst da? Wann und wie sind die anderen dazu gestoßen?
Da muss ich ein bisschen ausholen. Eigentlich wollte ich immer Medizin studieren, habe lange in der Pflege gearbeitet, ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht, um Wartesemester zu sammeln, und habe dann irgendwann gemerkt, dass das nicht mein Weg ist. Dann stand ich da und wusste erst mal nicht, was ich machen soll. Schon mit 18 habe ich, damals noch mit Kleidergröße 38, hobbymäßig gemodelt, aber nie mit dem Gedanken gespielt, jemals damit Geld zu verdienen, denn mit Kleidergröße 38 war ich, wie ich dachte, ja sowieso zu dick.
Ich hatte aber immer mehr eigene Ideen – Bilder im Kopf, die ich gern auf Fotos bannen wollte – und so kaufte ich mir 2006 meine erste Kamera und lichtete alles ab, was nicht bei drei auf den Bäumen war.
Einige Wochen später ergab sich dann durch einen mehr als glücklichen Zufall – ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe den richtigen Leuten gefallen – dass ich als Fotografin mit Otto Waalkes und seinen Zwergen auf Promotour durch die deutschen Kinos fahren konnte, um sie für die Webseite des Films „7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug“ abzulichten. Das war das einschneidende Erlebnis, das mir meinen Weg gewiesen hat, 2007 begann ich dann mein Fotodesignstudium.
Foto: Armin Morbach / Sheego
2008 habe ich dann in einer Lebenskrise sehr stark zugenommen, habe gar nicht mehr vor der Kamera gestanden und nur noch fotografiert, 2009 habe ich mich dann da rausgeboxt, habe einen großen Teil wieder abgenommen und trug seitdem Kleidergröße 42/44.
2010 fragte mich dann eine Freundin, ob ich sie fotografieren könnte, da Ulla Popken einen Modelcontest für große Größen macht und sie gern teilnehmen würde. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nie etwas von Plus-Size-Models oder Mode gehört, mir war gar nicht bewusst, dass man auch mit einer normalen oder üppigeren Figur erfolgreich modeln kann. Also beschloss ich, wirklich aus Jux und Tollerei, wie man hier so schön sagt, selbst auch zwei Fotos hinzuschicken und bin dann tatsächlich unter den letzten sechs Finalistinnen gelandet. Auch, wenn ich nicht gewonnen habe, wurde ich kurz darauf von meiner ersten Modelagentur unter Vertrag genommen und ein paar Monate später für ein Katalogshooting von Ulla Popken in Los Angeles gebucht.
Also, um ehrlich zu sein, bin ich in das Modelbusiness irgendwie reingerutscht, ich habe nie darauf hingearbeitet Model zu werden, es ist einfach passiert ;) Aber es hat mir so viel gebracht, ich habe gelernt, mich selbst zu lieben, wie ich bin, nicht damit zu hadern, dass ich nicht mehr Kleidergröße 38 trage, sondern stolz auf meine Kurven zu sein.
Ich liebe beide Jobs, ich finde es toll, Menschen mit Fotos glücklich machen zu können, neue Mode ablichten zu dürfen. Als Model liebe ich es, in andere Rollen schlüpfen zu können (daher auch der Hang zur Schauspielerei, mal schauen, was sich daraus noch ergibt), mal nicht ich zu sein, sondern wer auch immer ich sein möchte. Ich liebe es, neue Mode vor allen anderen sehen zu können ;) Und bei beiden Jobs ist es immer wieder schön, viele tolle Menschen kennen zu lernen. Ich habe in den letzten Jahren so viele wundervolle Menschen getroffen, viele sind Freunde geworden und geblieben.
Foto: Lars Wahl / Carmakoma
Hast Du Dich immer wohlgefühlt mit Deiner Figur? Was rätst Du Mädels, die Probleme damit haben, zu ihren Kurven zu stehen?
Ich war lange unzufrieden mit mir, tatsächlich am schlimmsten, als ich am schlanksten war. Ich war einmal bei einem kleinen Fotoshooting für einen Gothic-Online Shop, damals wie gesagt noch mit Kleidergröße 38 und ein anderes Model, ca. Konfektion 32, sagte zu mir: "Ja, ich war ja auch mal so dick wie du…" - Da habe ich mich wirklich schrecklich gefühlt.
Auch nach meiner starken Zunahme ging es mir nicht so gut und auch nachdem ich wieder abgenommen hatte, musste ich erst lernen, mich in meinem neuen Körper wohlzufühlen. Tatsächlich mache ich das jetzt mehr als je zuvor. Ich habe auch im letzten Jahr wegen meiner Knie-Probleme inkl. Operation circa 15 Kilogramm zugenommen, aber diesmal finde ich es gar nicht schlimm, ich habe mich sogar dazu entschlossen, auf den Plus Size Fashion Days gerade deshalb in Unterwäsche zu laufen, um zu zeigen, dass ich mich auch mit mehr liebe, wie ich bin. Man ist doch kein schlechterer Mensch, nur weil man mehr Kilos auf die Waage bringt, das sollte man sich immer mal wieder vor Augen führen. Und seid entspannter mit Euch selbst, mit Druck erreicht man meist nur das Gegenteil. Versucht, Euch wieder etwas mehr lieb zu haben, kein Mensch ist perfekt.
Foto: Jacqueline Wardeski
Was muss ein Plus-Size-Model in Deinen Augen mitbringen, um erfolgreich zu werden?
Viele vergessen gern mal, dass Plus-Size-Model ein Beruf ist, teilweise ein harter Job, bei dem man einfach gewisse Voraussetzungen erfüllen muss, die sich, bis auf die Kleidergröße, nicht von dem eines schlankeren Models unterscheiden.
Es reicht nicht, ein hübsches Gesicht zu haben, die Proportionen müssen stimmen, die Körpergröße, man muss ein gutes Körpergefühl haben und Disziplin mitbringen. So ein 8-10 Stunden andauerndes Shooting kann ganz schön anstrengend werden und auch mit mehr Kurven muss der Körper möglichst straff sein.
Welche Tipps hast Du für Neueinsteiger, die das erste Mal vor einer Kamera stehen? Wie sollten sie am besten mit der Kamera agieren?
Es ist wichtig, aus sich herauszugehen, nicht zu schüchtern zu sein und Posen anzubieten, das ist ganz wichtig. Am besten man schaut sich viele Fotos von Profis an und übt daheim vor dem Spiegel.
2015 war für Dich bis jetzt ein Jahr mit Höhen und Tiefen, erst vor wenigen Wochen hast Du auf den Plus Size Fashion Days ein erfolgreiches Comeback auf dem Laufsteg feiern können. Wie nimmst Du das Jahr rückblickend wahr?
Ich musste wegen meines Knies lange pausieren, konnte einige Monate gar nicht mehr auf hohen Schuhen laufen und es gab keine Garantie, dass die Operation überhaupt helfen würde, sodass ich schon die Befürchtung hatte, ganz mit dem Modeln (und vielleicht auch der Fotografie) aufhören zu müssen, was mich für einige Zeit in ein Loch gestürzt hat. Ich habe mich dann langsam zurück gekämpft und zum Glück hat mir die Operation wirklich gut geholfen, sodass ich heute kaum noch Schmerzen habe und wieder alles machen kann. Die Plus Size Fashion Days waren für mich wirklich toll, ich habe wieder richtig Freude am Modeln bekommen und Energie getankt. Ich danke Tanja auch von Herzen, dass sie wieder an mich gedacht hat, obwohl ich ihr im letzten Jahr wegen des Knies absagen musste. Die Energie, die ich jetzt wieder habe, nutze ich auch für meine weiteren Aktionen, wie Bodylove oder meinen Charity-Kalender.
Foto: Nadja Moutevelidis
Bereitest Du Dich auf große Events, wie die Plus Size Fashion Days, besonders vor?
Ganz ehrlich? Nein, überhaupt nicht ;) Ich packe meinen Modelkoffer, also alles was ich für die Show und Catwalktraining brauche und das wars. Ich habe sogar erst einen Tag vor Anreise geschaut, wohin ich überhaupt kommen muss, wo ich schlafe und wie der genaue Ablauf ist! ;)
Mit Deinen Body-Love-Aktionen hast Du für wahnsinnig viel positive Presse gesorgt. Doch das war noch längst nicht alles. Auf was dürfen sich unsere Leser in diesem Kontext zukünftig noch freuen? Kannst Du schon etwas verraten?
Ich bin selbst ganz überwältigt, wie toll die Aktionen angekommen sind, ich habe so viele wunderschöne Mails von Frauen bekommen, die mir dafür gedankt haben, die gesagt haben, dass ihnen die Aktionen Mut gemacht haben. Genau das ist, was ich damit erreichen möchte. Da die bisherigen Aktionen so gut angekommen sind, habe ich mich entschlossen, eine ganze Bodylove-Tour zu machen, bislang sind schon einige weitere Städte geplant, unter anderem sogar London, wofür ich die wunderbare Georgina Horne von Fuller Figure Fuller Bust gewinnen konnte. Mein Traum wäre es, aus den ganzen Aktionen, die teilweise auch unterschiedlich sind, eine Werbekampagne für mehr Selbstliebe und Akzeptanz zu machen – Mal schauen, was sich realisieren lässt :)
Zum Abschluss noch einmal etwas ganz anderes. Wann warst Du das letzte Mal so glücklich, dass Du hättest platzen können? Wie gehst Du persönlich mit Glücksmomenten um?
Ich habe in meinem Leben schon einige schwere Zeiten durchgemacht, daher bin ich für alles, was ich in den letzten Jahren erleben durfte, mehr als dankbar und glücklich. Niemals hätte ich gedacht, dass sich mein Leben mal so entwickeln würde. Ich genieße jeden Augenblick und versuche, in allem das Positive zu sehen. Hätte ich beispielsweise damals nie zugenommen, wäre ich jetzt nicht hier und würde dieses Interview geben ;) Ich bin glücklich, wieder soweit gesund zu sein und machen zu können, was ich liebe. Und der glücklichste Moment in diesem Jahr war, dass meine große Liebe und ich wieder zueinandergefunden haben. Besser könnte es nicht laufen :)
Vielen Dank für das so ausführliche und sympathische Interview! Wir wünschen Dir alles erdenklich Gute und werden Dich beim Emporklettern der Karriereleiter weiter verfolgen und tatkräftig unterstützen! :)