Wir wollen Euch heute den Verein Projekt Seehilfe e.V. vorstellen. Der 2014 gegründete Verein plädiert für eine Willkommenskultur und möchte durch verschiedene Angebote den Flüchtlingen auf Sizilien Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Hier wird vor Ort geholfen, Spenden werden genutzt, um Strukturen aus- und aufzubauen und Beschäftigungsangebote zu ermöglichen. Johanne Bischoff, von Anfang an in diesem Verein aktiv, beschreibt Euch im Folgenden, wie aus der Idee ein Verein wurde und was genau mit den Spendengeldern passiert:
Am Anfang war es nur die “kleine“ Idee: Wir wollen helfen. Denn die Situation geflüchteter Menschen in Europa ist dramatischer den je.
In den Anfangsmonaten des Jahres 2014 häuften sich die Meldungen über Flüchtlingsbootsunglücke auf dem Mittelmeer. Das machte uns nachdenklich, ermutigte uns aber zugleich zum Handeln. Zwar erfuhr man aus den Medien, wenn Menschen auf ihrem Weg nach Europa ums Leben kamen, doch von denen, die es über das Mittelmeer schafften, hörte man damals so gut wie gar nichts.
Foto: Martin Gommel
Nach aufwendiger Recherche und mit einer Handvoll Adressen entschieden wir uns im Juni 2014 - damals noch als Privatinitiative - Sach- und Geldspenden im Münsterland, Bremen und Jena zu sammeln und diese mit einem Transporter nach Sizilien zu bringen.
Die Resonanz war großartig: Medien berichteten, Menschen aus unserem Umfeld, aber auch viele, die wir nicht persönlich kannten, begannen zu sammeln und zu spenden, ein Autohaus stellte der Seehilfe seinen Transporter zu Verfügung.
Ende August brachen wir dann nach Sizilien auf. 2500 Kilometer und unzählige Kaffees später erreichten wir die Mittelmeerinsel. Zehn Tage lang besuchten wir verschieden Flüchtlingsunterkünfte, trafen so viele Aktive wie es der Zeitplan hergab. Schon damals schockierten uns die Lebensbedingungen, vor allem die derer, die keinen Platz im europäischen System fanden und damit in die Obdachlosigkeit getrieben wurden. Unter anderem besuchen wir eine Zeltstadt unter einer Autobahnbrücke ohne sanitäre Anlagen und Trinkwasser voller Menschen, die kein Geld für Kleidung geschweige denn ausreichend Nahrung hatten. Diese Zustände bestürzten uns, zeigten uns aber auch wie wichtig es ist, hinzusehen und weiterzumachen.
Inzwischen sind wir ein gemeinnütziger Verein, sammeln kontinuierlich Gelder und haben zwei weitere Spendenfahrten nach Sizilien auf die Beine gestellt.
Foto: Projekt Seehilfe e.V.
Wir verfolgen einen pragmatischen Ansatz. Wir stehen mit vielen Partnern vor Ort in Verbindung, die zum Teil inzwischen auch Freunde geworden sind, um immer auf dem aktuellsten Stand zu sein, was benötigt wird. Unsere Fahrten 2015 haben beispielsweise gezeigt, dass es einen Mangel an Medikamenten gegen Hautkrankheiten gibt. Inzwischen beziehen wir diese über geknüpfte Kontakte günstiger in Deutschland und bringen sie nach Italien. Hinzu kommen Probleme, die die Geflüchteten mit den Augen haben: Tagelang sind sie ohne ausreichend Trinkwasser auf dem Meer, durch das Salz und die Sonne werden die Augen extrem belastet. Darum organisieren wir zum Beispiel Augentropfen. Auch Kleidung und Schuhe werden immer benötigt. Durch aktuelle gesetzliche Veränderungen wird das Leben der Menschen in den kommenden Monaten noch schwieriger werden, das zumindest hat unsere letzte Fahrt im Oktober 2015 ergeben.
Unsere Hilfe geht aber über finanzielle Unterstützung hinaus. Wir versuchen mit so vielen Geflüchteten wie möglich zu reden - über die Flucht, Zukunftspläne aber auch Fußball oder Fotografie, denn eins haben wir schnell gelernt: Der triste und aussichtslose Alltag ist das, was die Menschen kaputt macht. 2015 haben wir darum auch einen Skate-Workshop organisiert. Neben der guten Laune, die sowohl bei den Jungs aus Gambia und Co als auch bei uns aufkam, haben sie mit den von Skate Deluxe gespendeten Boards nun die Möglichkeit, sich unabhängiger in Ihrer Umgebung zu bewegen.
Unsere nächste Fahrt wird schon geplant: Im Frühjahr 2016 geht es wieder los! Bis dahin sammeln wir Spendengelder, um so viel wie möglich bewegen zu können.
Der Projekt Seehilfe e. V. möchte Zeichen setzen, nicht nur in Sizilien, sondern auch hier vor Ort – in Deutschland: In der Öffentlichkeit möchten wir für eine Willkommenskultur plädieren. Deswegen wollen wir uns als Projekt Seehilfe e.V. gegen Isolierung und für Begegnung stark machen. Wir halten deutschlandweit Vorträge über die gemachten Erfahrungen. Über Zeiten und Orte informieren wir Euch auf unserem Blog. Über Einladungen freuen wir uns jeder Zeit.