Gar nicht lange ist es her, da haben wir Euch die erfolgreiche Plus-Size-Bloggerin Ulrike Bartos vorgestellt. Durch ihre Leidenschaft für Mode und ihren Blog Miss Bartoz zählt sie eindeutig zu den Experten, was Plus-Size-Mode ab Größe 42 angeht. Die Chance konnten wir nicht verstreichen lassen und haben Ulrike nach ihrer Meinung zur deutschen Plus-Size-Mode, der Frage nach der Stilfindung in der heutigen Zeit und der Zukunftsprognose für die Plus-Size-Welt befragt.
© Miss Bartoz
Von welchem Designer würdest Du Dir gerne eine Modekollektion jenseits der Größe 42 wünschen?
Ich stehe auf die Sachen von COS und bin Jil Sander Fan. Gute Schnitte, edle Materialien, wenig Schnörkel. Auch bei Zara würde ich viel finden. Als 2013 Louis Vuitton mit seiner legendären Rolltreppenshow den Megatrend Sixties und Grafik auf die Spitze trieb, habe ich mir gewünscht, dass wir das auch bekommen. Und tatsächlich ist viel von diesem Einfluss auch in den Plus-Size-Größen angekommen.
Wie denkst Du über den deutschen Plus-Size-Mode-Markt? Kann er überhaupt mit den Kollektionen in der UK und den USA mithalten?
Er macht sich, ist aber viel zu langsam, sowohl in den Trends, als auch in der Menge des Angebots. Wir haben das Internet und warten nicht, bis Deutschland aus seinem Schlaf erwacht, sondern kaufen gleich im Ausland, oft übrigens auch in Skandinavien.
Früher hat man in der Modeindustrie gedacht, dass sich ein Trend erst mal bei den Schlanken durchsetzen und auf der Straße gesehen werden muss. Heute kann sich eine solche Herangehensweise keiner mehr leisten. Wir wollen auch in einer Größe 56 tragen, was angesagt ist, und zwar jetzt und nicht in einem Jahr.
Andererseits weiß ich von einigen Deutschen Plus-Size-Anbietern, dass Basics immer noch am besten laufen und so lange Nachthemden mit einem albernen Druck vorn gekauft werden, wird es die auch im Angebot geben. Da ist dann auch mal die Deutsche Kundin gefragt.
© Miss Bartoz
Melissa McCarthy spricht sich vehement gegen den gängigen Plus-Size-Begriff aus, hast Du Dir schon ihre neue Kollektion angeschaut? Was hältst Du davon?
Ich konnte mir sogar live und in Farbe bei meinem Londonbesuch von der Kollektion ein Bild machen. Zusammengefasst: Ich war sehr enttäuscht. Schon ein paar nette Drucke, aber die Schnitte waren fast alle zeltartig. Da hätte ich mehr erwartet. Vielleicht habe ich aber auch nicht alle Stücke gesehen, das kann natürlich sein.
Hast Du einen aktuellen Geheimtipp für unsere Leser zum Shoppen für Mode in großen Größen?
Ich veröffentliche alle meine Tipps und mache auch regelrechte investigative Plus-Size-Shopping Reisen ins Ausland, die oft von Leserinnen nachgereist werden. Einen richtigen Geheimtipp kann ich, Euch zumindest, nicht mehr geben. Vielleicht noch den, den ich von einer befreundeten PS-Bloggerin bekam, der tatsächlich Sachen bei Zara passen: einfach mal ausprobieren!
© Miss Bartoz
Denkst Du, dass junge Frauen es heute leichter haben, ihren Stil zu finden als noch vor ein paar Jahren? Oder muss jeder durch die gleiche Phase, die von Fehlgriffen geprägt ist, durch?
In meiner Wahrnehmung stehen die jungen Frauen unter einem enormen Druck. Die vielen Bildwelten, die auf sie einprasseln, sind massiv. Vor sieben/acht Jahren, also der „Pre-Instagram-Zeit“ waren es eher noch die Werbung und die Medien, die starken Einfluss genommen haben, heute sind es ganz normale Mädchen, mit ihren schönen Bildern, die bewundert werden und denen nachgeeifert wird. Neulich sah ich eine ganze Reihe von Teenagern auf den Bus warten. Alle standen so, als würden sie jederzeit geshootet werden können. Ein Bein vor, leicht zur Seite gedreht und mit einem ziemlich affektierten Gesichtsausdruck. Das fand ich schon krass.
Zum Stil zu finden, gehören Fehltritte, sonst entwickelt sich nichts Eigenes. Das tut manchmal weh, nützt aber der Sache. Ich denke aber, dass die jungen Frauen es heute, eben gerade durch diese überbebilderte Welt, die ihnen sekündlich präsentiert wird, schwerer haben, sich selber und damit auch ihren Stil zu finden.
© Miss Bartoz
Und nun zum Abschluss: Wie schaut Deine Prognose für die Plus-Size-Welt aus?
Also es tut sich eine Menge. Allein in Deutschland ist die Zahl der PS-Blogger von ca. 5 (2010) auf über 200 (2015) gewachsen. Das konnte nur passieren, weil es mehr Angebot gibt. Was sollten die sonst alle zeigen? Das wird auch weiter anhalten und mehr werden, da bin ich sicher.
Interessanter finde ich die Frage, ob es uns Bloggern, in Zusammenarbeit mit den Herstellern, dauerhaft gelingen wird, Sehgewohnheiten zu ändern. Denn erst dann werden sich auch andere Anbieter trauen, Kollektionen und nicht nur ein paar Shirts und Hosen in Übergrößen zu produzieren.
Und ja, da sehe ich uns Plus-Size-Blogger als die treibenden Kraft. Denn wir sind die einzigen, die Mode in großen Größen zeigen. Inspiration, Tipps, Trends und Rat gibt es nur bei uns PS-Bloggern.
Der derzeitige Zeitgeist, pro curvy, wird sicher nicht ewig anhalten. Was danach kommt, werden wir sehen. Aber uns wird es auch dann noch geben.
Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast! Wir werden fleißig Deinen Blog weiterverfolgen und sind schon ganz gespannt auf neue Inspirationen von Dir!