Auf der Fashionweek 2018 im Januar hatten wir die Ehre, die Powerfrau Ilka Bessin persönlich kennenzulernen und mit Fragen zu löchern. Die 46-Jährige hat sich nicht nur als Comedian und durch ihr Engagement hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit einen Namen gemacht, im vergangenen Jahr launchte sie zudem ihr erstes eigenes Modelabel – BESSIN. Von Größe 42-54 kannst Du hier im mittleren Preissegment trendbewusste und qualitativ hochwertige Lieblingsstücke ergattern.
Ilka Bessin im Gespräch mit Nane aus dem Wundercurves-Team
Wie kam es zur Idee, BESSIN zu gründen? Und warum gerade ein Label für große Größen?
Warum ein Label für große Größen? Erstens Mal, weil ich selber eine große Größe trage und zweitens, weil ich es leid war, dass die Auswahl in diesen Größen meistens einfallslos und langweilig ist. Du kriegst einfach extrem selten etwas Ordentliches zu kaufen, das ist einfach so. Du bekommst natürlich etwas, aber das entsprach einfach nicht meinem Geschmack, war nicht tailliert geschnitten beispielsweise.
Ich finde, auch als kräftige Frau kannst Du zeigen, dass Du eine Taille hast – oder dass Du einen Hintern hast.
Ich war auch in New York, dort wird das ganze Thema der großen Größen ganz normal behandelt – dort bekommt man Markenklamotten auch zu günstigen Preisen. Ich habe damals einen Trenchcoat von Donna Karan für 29 Dollar bekommen, der war runtergesetzt in einem der Outlets. Da dachte ich: Ich dreh durch. Hier bekommst Du coole Klamotten in großen Größen. Das wollte ich auch.
Mit meiner besten Freundin bin ich mal nach Portugal geflogen, da hat meine Freundin ein Folklore-Kleid entdeckt, das wollte ich auch – gab es aber nicht für mich. Ich wollte einfach auch so ein Kleid mit Stickereien haben – und genau so ist es entstanden:
Ich wollte einfach auch schöne Sachen haben.
Ilka Bessin mit Tiffany aus dem Wundercurves-Team
Haben die Koordinaten im Logo eine Bedeutung? (N52° 5‘ | O13° 9‘)
Das ist meine Heimatstadt, Luckenwalde. Wir haben überlegt, ob wir noch einen Titel drunter machen und da hielten wir die Koordinaten für eine tolle Idee.
Wie oft wird es neue Kollektionen geben?
Wir schauen erstmal, wie es läuft, aber geplant sind vorerst je eine Sommer- und eine Winterkollektion pro Jahr.
Was sind Deine persönlichen Lieblingsstücke aus der aktuellen Winterkollektion?
Das werde ich oft gefragt, aber das lässt sich schlecht so beantworten, weil ich einfach an jedem Teil etwas habe, das ich besonders schön finde. Die Farben vor allem – aber nicht jeder begeistert sich für das Gleiche. Beispielsweise bei dem Leopardendesign – da gibt es auch welche, die sagen: Oh mein Gott, das ziehe ich nicht an. Aber ich finde, wenn man es mit etwas Schwarzem und einem coolen Gürtel kombiniert, dann funktioniert das super: Man kann alles anziehen, je nach dem, worauf man an einem bestimmten Tag Lust hat. Es gibt Tage, da will ich nur eine Bluse und eine Schlabberhose anziehen, an anderen Tagen kann ich mich dann für ein tolles Kleid begeistern – Es ist einfach tagesformabhängig.
Trägst Du alle Stücke Deiner Kollektion auch selber?
Alle trag ich nicht selber – ich gehe ja nicht nur von mir aus. Es gibt auch Mädels, die wollen zum Beispiel ein Maxikleid – da hatten wir ein Model, die hat das dann getragen – Ich fand das so toll und habe es dann auch angezogen, aber zu mir passte es dann einfach nicht. Man soll sich ja noch schöner machen, anstatt sich ins Jenseits zu befördern. Ich mag dann zum Beispiel Träger im Sommer zusammen mit einer Strickjacke, lange Ärmel oder auch zum Beispiel Bündchen, ich möchte diesen Gummizug unten und selbst die Möglichkeit haben, das höher zu tragen.
Ilka Bessin mit der aktuellen Winterkollektion
Designst Du die Teile selbst bzw. bist Du an jedem Kleidungsstück beteiligt?
Wir sind ein sehr kleines Team. Eine Freundin von mir ist für den Entwurf und die Musterstücke verantwortlich. Dazu kommt noch eine Näherin und jemand für den Vertrieb.
Wir sind alles Frauen. Das war zwar Zufall, aber macht bei dem Thema Mode natürlich besonders viel Spaß.
Wir prüfen und fassen die Stoffe an und diskutieren gemeinsam, was dazu passen könnte und ob wir beispielsweise bei einem Stück noch Fransen, Kordeln oder Ähnliches ergänzen oder wo genau wir den Kunstpelz einsetzen. Ich rede da auf jeden Fall eine Menge mit!
Die Kleidungsstücke sind in den Größen 42 bis 54 erhältlich – bei uns in der Community waren viele traurig, dass die Größen bei 54 enden – wird es die Teile in Zukunft evtl. auch in größeren Konfektionsgrößen geben?
Erstmal schauen wir, wie es anläuft. Es gibt wenige Boutiquen, in denen es noch größere Größen gibt und es ist natürlich auch eine finanzielle Frage aufgrund der Produktion. Wir haben erstmal gesagt, wir machen bis Größe 54 und später schauen wir, ob wir die Range ausweiten.
Im vergangenen Jahr hast Du mit dem freizügigen Shooting für die GALA Aufsehen erregt. War es für Dich eine große Hemmschwelle, Dich so ganz ohne Kleider ablichten zu lassen?
Ich habe vorab schon ein Foto gesehen von einem Model aus den USA, mit ihr hatten sie auch ein solches Shooting gemacht. Für mich war das gar kein Problem, denn ich hatte auch eine super tolle Fotografin aus Hamburg und auch mit der Gala hatte ich im Vorhinein schon zusammengearbeitet, das war einfach ein klasse Team am Set. Natürlich schaut man, ist aufgeregt und denkt Oh Gott Oh Gott – aber dann habe ich das Foto gesehen, unbearbeitet – und fand es wirklich ästhetisch und toll. Die haben generell nicht viel verändert daran, so sehe ich einfach aus. Ihr kennt das ja selber, man ist immer mit kleinen Dingen unzufrieden, da ist dann zum Beispiel ein Auge angeschwollen, aber an diesem Tag habe ich mir das Foto auf dem PC angeschaut und das sah einfach toll aus. Wir haben auch nur ein Foto gemacht – Sie hat zweimal fotografiert und dann hat sie gesagt: Es ist fertig! Das war ein bisschen wir beim Kartenspiel, das Du neu lernst und dann direkt gewinnst – klassisches Anfängerglück, ich habe mir auch einfach nicht so viele Gedanken im Vorhinein gemacht. Aber: Ich habe aber auch die Mama vorher gefragt, ob das okay ist. Ich habe das Foto mit dem Handy abfotografiert und es ihr geschickt. Die Reaktion war nur: Da sieht man doch gar nichts! Und das ist auch wirklich das Ausschlaggebende, man sieht ja auch einfach nichts.
Ilka und ihr dreiköpfiges Team designen gemeinsam die Stücke der Kollektion
Du bist sehr selbstbewusst im Umgang mit Deinem Körper. War das schon immer so?
Du brauchst schon eine Weile, um erstmal zu schauen, wo du hingehörst. Früher – jetzt bin ich 46 – habe ich mir zeitweise erzählen lassen, was ich anziehen soll und es gab auch einfach nicht die modische Auswahl, die es heute gibt. Manchmal bin ich irgendwo hingekommen und wurde dann gefragt, ob ich nicht zugenommen habe.
Das Kuriose ist, dass für viele Außenstehende oder oftmals für Deinen Gegenüber Dein eigenes Gewicht mehr Gesprächsstoff ist als wie Du selber darüber denkst. Dann hört man: Ist alles okay mit Dir? Geht’s Dir gut? Und Du sitzt dann da und denkst Dir im ersten Moment: Halt doch einfach Deinen Mund. Andere Leute machen das meiner Erfahrung nach einfach mehr zum Thema als man selber.
Ich habe lange gebraucht, um diesen Punkt zu finden, dass ich mich selbst so akzeptiere, wie ich bin. Ich hatte natürlich auch die Phasen, in denen ich abgenommen und dann wieder zugenommen habe. Das gehört aber glaube ich in jedem Leben irgendwie dazu. Irgendwann ist man an dem Punkt, an dem man sagt: Nee, es ist cool, so wie es ist und so ist es letztendlich auch, das braucht halt nur eine Weile.
Hast Du Tipps für unsere Leserinnen, wenn Sie sich mit Bodyshaming konfrontiert sehen?
Man sollte sich nicht damit beschäftigen, denn es sind oftmals die außenstehenden Leute, die sich mehr mit Dir beschäftigen als Du selber. Die reden dann auch mehr über Deine Figur wie über ihre eigene, weil sie auch über sich gar nichts zu erzählen haben. Wenn Du Dir die Leute anschaust, die sich über Deine Figur Gedanken machen, dann fragst Du Dich manchmal auch, wie 0815 derjenige ist und was in seinem Leben eigentlich los sein muss, dass er sich so sehr mit Deiner Figur und Deinem Leben beschäftigt. Es ist wirklich schwer, aber da muss man einfach drüberstehen. Auch mit sich selbst zufrieden zu sein, ist ungemein schwierig, gerade in diesen Zeiten von Mobbing und einer medialen Welt, in der Du den Fernseher anmachst und eine nackte Frau vorgehalten bekommst, die eine 90-60-90-Figur hat. Aber gerade deswegen sollte man sich Leute suchen, die halt anders sind. Es gibt ja auch Vorbilder, die kurviger sind, die breiter sind. Für mich heißt kurvig sein nicht, Plus-Size-Model mit Größe 44 zu sein, das ist für mich nicht Plus-Size. Das fängt bei mir erst mit 50/52 an. Einen Tipp habe ich aber noch: Mama sagte immer, man braucht eine coole Sonnenbrille – oder überhaupt eine Brille. Oder toll lackierte Nägel. Man muss einfach schöne Akzente setzen.
Apropos Vorbilder – Hast Du denn auch kurvige Vorbilder?
Ich find Frauen cool, die einfach zu sich stehen. Manchmal siehst Du Frauen auf der Straße, die einfach kräftig sind und ihre Haare cool gemacht haben, ein Basecap tragen, wo ich mir dann denke: Man ist das ne geile Alte.
So generelle Vorbilder in Form von bestimmten Personen habe ich nicht. Meiner Meinung nach sollte man sich nie Vorbilder suchen, um dann danach zu streben, genau so zu sein wie das eigene Vorbild. Man sollte immer man selbst bleiben. Was man machen kann, ist seine Eltern oder seine Familie als Vorbild nimmt und sich sagt: Die haben ihr Leben lang gearbeitet, wie in meinem Fall, das finde ich beeindruckend.
Wenn man sich Vorbilder nach bestimmten Maßen aussucht, dann orientiert man sich zu sehr daran. Irgendwann will man dann aussehen wie das Vorbild, dabei passen nicht alle Looks und Styles zu einem selbst. Es ist einfach ganz wichtig, seinen eigenen Stil zu finden – und das braucht auch ein paar Jahre. Das ist mit 19 oder 20 noch nicht möglich, den eigenen Stil zu finden ist immer auch mit Lebenserfahrung verbunden. Aus diesem Grund sollte man sich auch nicht so einen großen Kopf machen, wenn zum Beispiel jemand schwarz lackierte Nägel hat. Stil kann man nicht kaufen, das ist ganz wichtig.
Wir haben auch unsere Community gefragt, was sie noch gerne von Dir wissen wollen würden. Eine Frage war, ob Du schon immer eine Affinität für Mode hattest oder ob sich das erst entwickelt hat?
Das hat sich erst entwickelt. Ich habe früher immer eine Leggings, ein Micky Mouse T-Shirt und eine dicke Strickjacke getragen, bis dann mal jemand zu mir gesagt hat: Hey, Du stehst in der Öffentlichkeit, kannst Du nicht mal das Mickey Mouse T-Shirt ablegen? So hat es irgendwann angefangen – ich habe keine direkte Affinität, ich habe einfach Bock auf coole Klamotten, auf coole Turnschuhe, auf eine coole Brille – das möchte ich einfach.
Ilka mit dem Wintermantel der BESSIN Kollektion
Ein weiteres viel diskutiertes Thema sind die Preise, die Du für Deine Kollektion angesetzt hast. Kannst Du für unsere Leserinnen nochmal erläutern, wie sich die Preise zusammensetzen?
Wir haben die Produktion in Serbien und wir achten darauf, dass wir vernünftige Stoffe haben. Ich zum Beispiel vertrage nicht jeden Stoff, ich kann keine Strumpfhosen tragen zum Beispiel.
Qualität war uns einfach von Anfang an sehr wichtig. Zudem produzieren wir für den Beginn mit einer kleinen Stückzahl. Die Leute denken immer, da steckt ein Riesen-Team dahinter – Wir sind zu viert, machen von A-Z alles selber und haben zusammen ein Jahr Vorarbeit geleistet, was auch finanziell gestemmt werden muss, mein Team muss schließlich auch sein Gehalt bekommen.
Die Preiskritiker greifen sich oft einzelne Stücke raus, wie den Wintermantel zum Beispiel – natürlich ist ein solches Stück oder auch eine handbestickte Bluse teurer – dafür hält der Mantel aber auch warm und ist ungemein robust – Auto fahren und sich dabei rumdrehen und beweglich bleiben, ist damit gar kein Problem. Dass wir auch Tops für 39,90 Euro anbieten, findet dann keine Erwähnung.
Und eines muss man auch ganz klar sagen: Wir befinden uns mit unseren Preisen nicht im hohen Preissegment, sondern immer noch im guten mittleren Feld. Qualität hat ihren Preis – und wir können es einfach nicht preiswerter machen. Wir sind kein Großhandel, keine über Jahre gewachsene Marke – Unser Label steht einfach für Qualität – für Stoffe, die man gerne trägt, die nachhaltig sind und an denen man lange Freude hat. Die Produktion wiederum ist ganz klar dort, wo man nicht zweifelt, ob kleine Kinder am Herstellungsprozess beteiligt waren. Auch die Näherinnen müssen vernünftig bezahlt werden – Und das sind einfach die Gründe, warum wir die Preise nur so ansetzen können, wie wir das gerade umsetzen.
Zum Ende hin wollen wir noch einmal weg vom Thema Mode. Aktuell bist Du im Kinofilm „Hot Dog“ mit Matthias Schwighöfer und Til Schweiger zu sehen. Wie war es, mit den beiden zusammenzuarbeiten?
Matthias Schweighöfer habe ich mal bei Wetten, dass.. ? kennengelernt. Das war super, er mag meinen Humor und er ist einfach auch an sich ein wahnsinnig lustiger Typ. Ich habe schon mehrere Sachen mit ihm gemeinsam machen dürfen, mit Til Schweiger durfte ich zwei Filme machen. Ich spiele keine Hauptrolle, man läuft durchs Bild und sagt mal nen Satz – manchmal dauerts auch ein bisschen länger. Ich find es einfach cool und es ist eine Ehre für mich, das muss man auch dazu sagen. Alles was ich jetzt mache nach meiner Karriere als Cindy aus Marzahn das ist Bonus – ich bekomme das geschenkt – ob ich da zwei Sätze sage, oder einen Satz oder nur in die Kamera schaue – ist völlig egal, ich durfte dabei sein, ich durfte da reinschnuppern – wer weiß, was sich daraus noch entwickelt.
Hab vielen Dank für Deine Zeit und das nette Gespräch! Wir wünschen Dir wahnsinnig viel Erfolg mit Deinem Baby BESSIN!
Und zum Abschluss noch eine kleine Randbemerkung: Don’t call her Cindy wie die Textilwirtschaft schon so nett schrieb – Cindy aus Marzahn wird definitiv nicht wiederkommen. Allerdings müsst Ihr nicht auf schallendes Gelächter bei ihrem Comedy Programm verzichten. Als Ilka Bessin wird sie im kommenden Jahr auch wieder auf Tour gehen – wir können es kaum erwarten, sie dort live zu sehen und im Sommer die neue BESSIN Kollektion zu entdecken!