Viele dicke Menschen haben Angst vorm Fliegen. Sind die Sitze zu eng? Kommt man gut aufs Klo? Und wie kommt man überhaupt auf Flughäfen und in den Fliegern klar? Ja, Fliegen kann mit starkem Übergewicht zu einem Alptraum werden, muss es aber nicht. Gerne gebe ich Euch einige Tipps, wie Ihr auch mit einem dicken Körper halbwegs bequem fliegen könnt.
Ziel sollte es sein, keine volle Maschine zu erwischen, damit Du die Möglichkeit hast, sich im Flugzeug gegebenenfalls umzusetzen. Also möglichst nicht gerade den ersten Urlaubstag einen Flug buchen, wenn dies für Dich möglich ist.
Du kannst beim Einchecken auch versuchen, einen Sitzplatz zu bekommen, dessen Nachbarsitz frei bleibt.
Dies geht ganz gut, wenn man online-eincheckt und darauf achtet, dass beispielsweise am Fenster schon jemand reserviert hat und man dann den Gangplatz wählt. Mit etwas Glück bleibt der Mittelgang frei. Diese Taktik lässt sich natürlich auch zu zweit anwenden, Fenster und Gang buchen. Beim Einchecken am Schalter funktioniert die Taktik in der Regel nicht. Dagegen neben einen leeren Platz gesetzt zu werden schon.
Bei meinem letzten Flug mit der Lufthansa wurde ich zwar darüber aufgeklärt, dass es eine Garantie für einen freien Platz nur gäbe, wenn ich diesen auch zusätzlich gebucht hätte, aber dennoch blieb der Platz neben mir frei.
Grundsätzlich sind die Plätze am Gang meist angenehmer als die anderen Plätze. Aber ein bisschen ist das auch Geschmacksache. Bis auf die Plätze an den Notausgängen kann man die Lehnen immer hochstellen, die meisten Nachbarn werden auch nichts sagen, wenn man sie freundlich bittet, dies zu akzeptieren. Natürlich ist es für diese unangenehm, wenn sie einen Teil ihres Raumes für Dich einbüssen. Aber bitte mache Dir immer bewusst, dass nicht Du dafür verantwortlich bist, dass die Airlines immer schmalere Sitze einbauen.
Da die Gänge in den Flugzeugen oft sehr eng sind, kann es sinnvoll sein, die Möglichkeit des „Pre-boardens“, also des frühzeitigen Aufsuchens der Maschine, zu nutzen. Die Flugbegleiter werden in der Regel nichts sagen, wenn Du mit Kindern und anderen frühzeitig an Bord gehst, im Zweifel hilft aber auch hier eine kurze Erklärung.
Ich schaue mich immer im Flugzeug ein wenig um, wenn die letzten Gäste kommen. Habe ich eine leere Reihe oder mindestens zwei leere Plätze entdeckt, setze ich mich, sobald die Türen geschlossen sind oder ein Crewmitglied verkündet hat „Boarding completet“, um. Selbstverständlich kannst Du auch eine Flugbegleiterin bitten, Dich umzusetzen. Das macht Sinn bei großen Maschinen, die Du gar nicht überblicken kannst.
Alle Flugzeuge führen Gurtverlängerungen mit sich, die den Sicherheitsgurt auf jedes Maß verlängern können. Man kann um diesen schon beim Einsteigen bitten oder auch erst, wenn man am Sitz festgestellt hat, dass der Gurt nicht zugeht. Dabei sind Maschinen unterschiedlich bestückt, manche haben längere andere kürzere Gurte. Auf jeden Fall auf sich aufmerksam machen, bevor die Maschine in die Luft geht! Und das ist auch nicht peinlich. Es geht um Sicherheit und um nichts anderes!
Vor dem Aufsuchen der Maschine lohnt es sich, die Toilette zu benutzen, da die Flugzeugtoiletten nicht gerade großzügig gebaut sind. Aber bitte nicht auf langen Flügen das Trinken einstellen. Auch wenn Du dann nicht aufs Klo musst, so braucht Dein Körper gerade in der trockenen Flugzeugluft regelmässig Flüssigkeit.
Snacks und Getränke werden in der Regel auf den kleinen Tischen, herausklappbar aus dem jeweiligen Vordersitz, eingenommen. Dies kann eine sehr beengende Angelegenheit werden. Wenn der Platz neben Dir frei ist, kannst Du dort den Tisch ausklappen. Und Du kannst den Vordermann freundlich bitten, während der Essenszeit bitte seinen Sitz in aufrechte Position zu bringen. Dies bringt meist einige Zentimeter Luft. Eine letzte Möglichkeit bietet ein Kissen, welches Du Dir auf den Schoß legen und darauf das Tablett stellen kannst. Eine Jacke oder Handtasche tut es hier im Notfall auch.
Wenn Du für die Wege auf dem Flughafengelände, die ja zum Teil sehr lang sein können, Hilfe benötigst, sollte dies bei der Buchung bereits genannt werden. Es ist an allen Flughäfen kein Problem, auf ein Flughafenfahrzeug oder einen Rollstuhl zurückzugreifen.
Je nach Körperumfang und nach Land kann es für die eigene Bequemlichkeit sinnvoll sein, einen zweiten Platz zu buchen. In diesem Fall unbedingt das Flugbegleitpersonal beim Einsteigen informieren, damit nicht bei Beginn des Fluges jemand diesen bezahlten Platz einnehmen will. Die meisten Fluggesellschaften fordern dicke Menschen nicht auf, einen zweiten Platz zu buchen. Wenige Ausnahmen gibt es allerdings. So verweigerte die ägyptische Fluggesellschaft Lotus Air einem Franzosen den Flug mit nur einem Ticket. Der Geschäftsführer von „Etape-Nouvelle“, dem Reiseveranstalter, erklärte, wenn ein Passagier nicht auf einem Platz reisen könne, müsse er zwei Plätze reservieren und bezahlen. Auch die Air France verweigerte schon Passagieren die Mitreise aus diesem Grund. (vgl. TAZ vom 25.8.99, Seite 20) Auf der anderen Seite werden die zweiten Plätze oft relativ günstig angeboten, da für diesen Platz dann Steuern und Gebühren wegfallen. Es kann sich also möglicherweise lohnen, bei den Airlines nach den Konditionen zu frage.
Bei meinem letzten Flug nach Thailand war ich in der Lage, über das Schnäppchenportal Urlaubspiraten einen Businessflug zum Preis von Economy zu buchen. Nach dieser Erfahrung kann ich nur sagen, Business ist definitiv die Lösung für dicke Menschen, wenn es um Langstreckenflüge geht! Wenn es bloß nicht normal so teuer wäre. Es lohnt sich wirklich, nach Angeboten Ausschau zu halten.
Aber auch ohne den Businessluxus ist in den meisten Fällen – Ausnahmen bestätigen hier die Regel – das Fliegen für dicke Menschen möglich, oft sogar ein positives und spannendes Abenteuer. Für Deine Einstellung beim Fliegen ist es wichtig, Dir bewusst zu machen, dass Du ein Recht hast, angenehm zu reisen und dass Du von respektvoller Behandlung ausgehen darfst. Sollte dies dann mal doch nicht so sein, beschwere Dich bei der entsprechenden Fluggesellschaft. Mindestens die dicken Passagiere nach Dir werden es Dir danken.
Gisela Enders ist Autorin des Buches „Wohl in meiner Haut“ und Vorsitzende des Vereins Dicke e.V.. Zusätzlich ist sie auch als Coach aktiv und setzt sich für einen gesunden Umgang mit dem eigenen Körper ein. Als Wundercurves Expertin hat sie bereits gezeigt, warum Deine eigene Haltung bei Beschimpfungen eine große Rolle spielt, und die Diät-Lüge aufgedeckt.